Was ist Erleuchtung?

(aus der Serie: „Texte aus meinen Büchern
heute: Text 3 aus dem Buch „Erleuchtung – the real is illusion“, erschienen 2001) 


Teil 3: Was ist Erleuchtung?

Gleich im ersten Kapitel springe ich mitten in die Gefahrenzone und versuche mich am Thema schlechthin, doch scheint es mir wichtig, von Anfang an Klarheit zu schaffen. Zu viele Erfahrungen fühlen sich wie Erleuchtung an, deshalb gibt es auch so viele Widersprüche und auch so viele „Erleuchtete“, und selbst mir ist es ähnlich ergangen, ach so oft dachte ich, „jetzt bin ich erleuchtet“.

Und es ist auch – zumindest fürs Ego- sehr verlockend: Viele vergleichen die persönlichen Erfahrungen oftmals mit jener von anderen (heutzutage in erster Linie mit Buddha und Osho). Und freudig wird dann festgestellt: „Ja, DAS ist es“.

Das ist ein einfacher und häufiger Trick des Verstandes „(mind“), der gewöhnlich das sieht was er sehen möchte, das liest, was er lesen möchte, das versteht, was er in der Lage ist zu verstehen.

Manche glauben dadurch wirklich, sie seien erleuchtet.

Doch was ist Erleuchtung eigentlich wirklich? Eines steht ganz sicher fest, es ist leichter zu beschreiben, was Erleuchtung NICHT ist, ähnlich Buddha („nein, das ist es nicht…“)

Tja, groß geredet, nun muss etwas in den Computer getippt werden, und schon stehe ich vor dem  gleichen Problem vor dem all diejenigen stehen die versuchen „es“ in Worte auszudrücken. Wie kann es „ausgedrückt“ werden?

Ich fang  mal an wie LaoTze und sage gleich einmal vorweg:

Die Wahrheit, die gesagt werden kann, ist nicht die absolute Wahrheit“.

Klingt gut und hilft mir als Ausrede.

Im Ernst, tatsächlich ist es so, „dass da etwas ist, was der Verstand (mind) nicht begreifen kann“, und dass dieses „etwas“ auch nur gesehen wird, wenn der Verstand (mind) eigentlich gar nicht „dabei ist“.

 

Ein kurzer spontaner Erklärungsversuch:

In einem Zustand der „totalen Abschaltung des Ichs“ wird etwas wahrgenommen. Anschließend, wenn das Ich „quasi zurückkehrt“, versucht  es, dieses „etwas“ dann zu deuten, je nach eigenem Verständnis, nach eigener Vergangenheit, nach eigenem Wissen, und nach spiritueller Konditionierung, und glaubt schließlich, „die Erklärung gefunden zu haben“.

Meistens ist es jedoch nur so, dass eben nur der Verstand (mind) nun „authentisch versteht“, was erlebt wurde bzw. was andere zuvor „gemeint haben“.

Die Missverständnisse sind also groß, da das Verständnis immer vom einmal aufgebauten Wissen geprägt wird, und das Gesamtbild oftmals verzerrt.

 

Ehrlicherweise sollte man zueben: Man versteht es NICHT.

Der Verstand („mind“) kann es gar nicht verstehen und wird es auch nie verstehen können.(*smile*)

Somit kann man es eigentlich auch niemandem mitteilen, weil das Mitteilen selbst Teil des Spiels ist und ein Teil niemals das Ganze sehen und begreifen kann. Obwohl man WÄHREND der Erleuchtung zwar „zum Ganzen wird“ (nun haben wir eine erste Definition), dann jedoch wieder nur ein Teil ist, der es einem anderen Teil „mit-teilt“, ist kein Verstehen, kein Wissen da, weil gar kein Wissender da ist. (Und selbst dies ist „klassischer Text“ und eben wieder „Wissen“, also ein klassisches Paradox).

Zu sagen, „ich weiß nur, dass ich nichts weiß“ kommt dem sehr nahe, jedoch selbst dies ist ja wieder ein Wissen, wieder ein Paradox, wieder ein Widerspruch.

Verwicklungen in Widersprüche, in logische Paradoxa, warum? Weil „ES“ eben ein Widerspruch ist. Die Welt der Dualität löst sich auf (die nächste Aussage), dadurch alle Widersprüche.

Und was passiert mit dem „logischen Verstand („mind“) wenn er mit dem TOTALEN WIDERSPRUCH konfrontiert ist? ER SCHALTET SICH AUS!!

Mein „Mind“ „wurde abgeschaltet“, als ich die Wahrheit sah.  So empfand ich es. Ich sah also nicht die Wahrheit als Resultat der „Mind-Abschaltung“, sondern umgekehrt, durch den „Logik-Schock der Wahrheit“ wurde der „Mind“ kurzerhand ausgeschaltet.

Wie ein Computer, der „ausrastet und aufhört zu „funktionieren“ bei einem logischen Paradox, wenn 1+1 nicht mehr 2 sondern gleichzeitig auch 3 ergibt.

Diese „Gleichzeitigkeit“ schafft das Ende der Dualität, die Einheit, das Paradox.

Natürlich kann der Verstand Widersprüche hinnehmen, jedoch nur „hintereinander“. Einmal Yin, ein andermal Yang, einmal liebevoll, dann voll Hass, einmal ruhig und dann hektisch,und so fort…

Relative Wahrheiten innerhalb der Dualität können sich sehr einfach ablösen. Jeder erlebt das täglich, es macht das normale Leben aus und ist für den Verstand kein Problem. Wir sind daran gewöhnt.

Im Zustand der „Erleuchtung“ jedoch ist alles gleichzeitig „wahr“, was sonst nur abwechselnd  möglich ist. Alle „Bewusstseinszustände“ existieren gleichzeitig, alles ist gleichzeitig wahr und gleichzeitig unwahr. Alles ist, und erscheint nur als Illusion, als Traum.

Die gleichzeitige Erfahrung von „ich bin das alles“ und von „mich gibt es gar nicht“, von „ich existiere nur Hier und Jetzt“ sowie von „ich existiere seit unendlicher Zeit, seit dem Anbeginn und werde nie aufhören zu existieren“, „ich bin der Traum“ und „es gibt keinen Träumer“, „der Traum träumt sich selbst“ und „es gibt gar keinen Traum“, all dies, GLEICHZEITIG und nochviel mehr. und noch viel viel weniger.

Selbst „gleichzeitig“ scheint ein übles Wort, denn in diesem Zustand existiert keine Zeit, wie wir sie normalerweise wahrnehmen. Wiederum „gleichzeitig“ wird die Zeit als „nicht-existierend“ wahrgenommen, am „Nullpunkt“, „Zeitgeschwindigkeit Null“ und andererseits als „ewig und unendlich“, „alles, was je wahr und sein wird, ist JETZT“, im Gegensatz wiederum zur „gleichzeitigen Wahrheit“ von „nichts vor (und nach) diesem einen Moment hat je stattgefunden“.

Klar, da klinkt sich der menschliche „Mind“ aus, der Computer schaltet einfach ab, denn all das ist jenseits des herkömmlichen „Verstandes-Verständnisses“. Und DAS soll man erklären, mitteilen? Der eigene „logische Verstand“ (mind) war nicht fähig „dabeizubleiben“ und nun glaubt man, es anderen „Minds“ erklären zu können?

Entweder riskiert man, nicht verstanden, vielleicht gar ausgelacht zu werden, oder verwickelt sich (natürlicherweise) in alle erdenklichen Widersprüche. Oder aber man entscheidet sich „für eine Seite der Wahrheit“ und präsentiert dann eben (für Menschen akzeptable) „Halbwahrheiten“.

Manche tappen in die „Shiva-Falle“. Im sogenannten „Shiva-Space“ „sieht man die Illusion“, soll heißen, dieser Space entspricht dem 6. Chakra, dem 3. Auge. Dadurch sehen so manche, dass der andere ja schon längst erleuchtet ist und nur so TUT, als würde er es nicht wissen.

Deswegen geben diese Leute dann beispielsweise „Satsang“ und starren in die Augen der werten hilflosen

Zuhörerschaft, möchten deren „Ego brechen“ oder gar „töten“ und nennen das liebevoll „Being in Truth“ , sagen „just relax, du bist längst erleuchtet“ und „es gibt nichts zu wissen“, „just stop thinking“ und „du brauchst nur zu hinterfragen, WER DU BIST“, denn die einzige „Wahrheit“ ist „ich bin“. (Was zwar wahr ist, jedoch beim anderen nicht wirklich zur selben Erfahrung führt.*smile*)

Meiner Erfahrung nach „passiert“ echte Erleuchtung „von selbst“, wenn die Zeit reif ist, und kann mit keinem Mittel der Welt forciert werden, schon gar nicht mit Satsang. Satsang führt zu Erfahrungen, ja, zu innerem Frieden und Meditationserlebnissen, zu Glücksgefühlen, zu Verständnis (für den Mind), hilft bei der Dekonditionierung des Egos und führt zu authentischerem Sein, zu ehrlicherem Leben, kann in vieler Hinsicht helfen, gar spirituelle Erfahrungen herbeiführen, aber Erleuchtung? Sorry, nein!

Viele Erleuchtete“ haben dies auch immer wieder gesagt und hatten auch ihre eigene Erfahrung allein, ohne Meister, wenn die Zeit reif wahr. Buddha, Jesus, LaoTze, Osho, etc. Und das sind die „Kaliber“ der Weltreligionen und spirituellen Gemeinschaften, deren Ziel es in erster Linie war, eine „bessere, liebevollere, wahrere Welt“ zu schaffen, Verständnis zu geben, Liebe zu predigen, sich selbst „in die Welt einzubringen“.

Die Versuchung andere „erwecken“ zu wollen“ ist jedoch groß.  Ich weiß.

Ich selbst bin auch eine Weile darin hängen geblieben (*smile*), wollte andere „erwecken“, einfach weil es eben sooo  einfach erscheint, wenn man die Wahrheit (im anderen) sieht. Es erscheint so einfach jemanden erwecken zu können, weil man sieht, dass der andere „nur zu stoppen“ bräuchte und schon wäre er erleuchtet.

Doch so einfach ist es nicht und es liegt wie bereits erwähnt nicht in der Hand eines anderen Menschen, jemandem diese exquisite, einzigartige, nicht mehr rückgängig machende Erfahrung zu ermöglichen.

Konfrontiert mit dem „Unwillen“ der Menschen zu stoppen, konfrontiert mit dem „nicht erwachen wollen“ der Menschen untersuchte ich dies, und erinnerte mich meiner selbst als Mensch und gleichzeitig sah ich, dass ich ganz „vergessen hatte, was es heißt und bedeutet, „ein ganz normaler Mensch zu sein“.

Es scheint, als wäre man schon immer „erleuchtet“ gewesen, und alles was „vorher“ war fällt weg und das, was wegfällt, wird nicht einmal mehr erinnert. und doch fange ich an mich wieder zu erinnern).

Nach dieser Einleitung und der Schwierigkeit, über Erleuchtung zu sprechen, möchte ich nun anhand einer Aufzählung versuchen, das Unsagbare so sachlich wie möglich niederzuschreiben. Es folgt eine Anführung aller „Wahrheiten“, subjektiver wie objektiver Wahrnehmungen zum Zeitpunkt der „Erleuchtung“ nach meinem eigenen Verständnis und meiner eigenen Interpretation.

Mag sein, dass andere in ihrer „Realisation“ andere Erklärungen fanden, mehr oder weniger wahrnahmen, einfach weil es für deren „Erweckung“ nicht notwendig war. All dies scheint ganz individuell zu sein.

Deswegen möchte ich auch nicht näher auf meine persönliche Geschichte eingehen, eben weil „der Weg dorthin“ immer ein individueller Weg ist.  Und weil das Lesen meiner persönlichen Lebensgeschichte nicht unbedingt dazu beitragen  würde, die Wahrheit über „Erleuchtung“  zu verstehen.

Und somit sei „die Geschichte“ Thema eines anderen Buches.

Wie in manchen Schriften beschrieben, ist die „Erleuchtungserfahrung ein Ende des alten Lebens, quasi ein Tod und der Beginn eines neuen Seinszustandes. Ich kann dies nur bestätigen.

Die Erfahrung beginnt, jedoch sie endet nie. Und somit wird das ganze restliche Leben eine einzige, permanente  „Erfahrung“; wird  zum „experiencing“ schlechthin.

Nach, der Erleuchtung kehrt man wieder „zurück“ in die Dualität, jedoch sehr anders, und erlebt diese Dualität mit komplett neuen Sinneswahrnehmungen und Wahrheiten. Man lebt im Jetzt und nimmt „die Wahrheit“ des Moments wahr, die relativ und zeitlich begrenzt ist

Die wirkliche, „absolute“ Wahrheit offenbart sich nur in diesem einen Moment des Erwachens, danach folgen nur mehr relative, auf den Moment und Ort bezogene Wahrheiten nach.

Als „Lebenshilfe“ für Erleuchtete bietet sich an, letzendlich nur die eine Wahrheit zu akzeptieren, und zwar die, „dass es keine Wahrheit“ gibt. Und einfach zu akzeptieren, dass das Unerklärliche nicht verstanden werden kann.

Wieder und wieder treffe ich auf die Schwierigkeit der „veränderten Wahrheiten“, es ist eben keine endgültige Erfahrung sondern ein ständiges „Erfahren“… das nie endet.

Wie kann dieses Buch je enden? (*smile*)

 

zum Teil 2: Was kostet Erleuchtung und ist Erwachen billiger? zum Teil 4: Der Moment der Erleuchtung

 

Anmerkung zu dieser Serie: Anlässlich meines nächsten Webinares mit dem Thema „Erleuchtung“ veröffentliche ich hier im Blog eine kleine Serie mit ausgesuchten Texten aus meinem Buch ‚Erleuchtung – the real is illusion, the illusion is real‘. Geschrieben im Jahr 2000 in Indien, veröffentlicht 2001 im Bohmeier-Verlag und seither mein Hauptwerk und Dauerseller. Beim Webinar gibt es dieses Buch, das bisher nur als Printbuch erschienen ist, exclusiv in einer gekürzten Form als Bonus (sozusagen eine „umfangreiche Leseprobe“). 

PS: Die Teile werden wöchentlich erscheinen. Wenn du meinen Blog abonnierst, erhältst du automatisch Nachricht sobald ich einen neuen Teil veröffentliche.

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